So gelingt der Berufsalltag bei seltenen Erkrankungen
Eine seltene Erkrankung – das bedeutet oft: viele Fragen, wenig Antworten. Auch das Berufsleben wird für viele Betroffene durch chronische oder fortschreitende Symptome zur Herausforderung. Doch wie kann Arbeit auch bei Einschränkungen gelingen? Welche Wege führen zu einem passenden Job, der die eigenen Bedürfnisse berücksichtigt? Hier erhalten Sie Informationen, wer Sie unterstützen und über Ihre Rechte informieren kann, sowie Anregungen und praktische Tipps, um Ihren beruflichen Alltag aktiv zu gestalten.
1. Persönliche Strategie entwickeln
Eine gut durchdachte, individuelle Strategie kann helfen, im Berufsalltag besser zurechtzukommen. Hier finden Sie Anregungen und Tipps:
Ein wichtiger erster Schritt ist es, sich klare und erreichbare berufliche Ziele zu setzen, die den eigenen Fähigkeiten und der aktuellen gesundheitlichen Verfassung entsprechen. Dies hilft, Überlastung zu vermeiden und langfristig motiviert zu bleiben.
Überlegen Sie sich auch eine Kommunikationsstrategie. Möchten Sie Ihre Erkrankung gegenüber Vorgesetzten und Kollegen offenlegen? Berücksichtigen Sie vor allem Ihre persönlichen Bedürfnisse – denn beide Entscheidungen haben Vor- und Nachteile.
Tipp
Die Homepage „Sag ich’s“ von der Deutschen Rentenversicherung bietet mit einem Selbsttest eine hilfreiche Orientierungshilfe für diese Entscheidung. Auch ein starkes Unterstützungs-Netzwerk kann Ihren Arbeitsalltag erleichtern: Welche Freunde, Bekannte oder Kollegen können Ihnen bei Bedarf zur Seite stehen? Können Sie zum Beispiel einen Unterstützer oder gar Mentor in einer Selbsthilfegruppe finden?
Energiemanagement spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Wie verläuft Ihr Tagesrhythmus? Nutzen Sie Tageszeiten, zu denen Sie viel Energie haben, um wichtige Aufgaben zu erledigen. Überlegen Sie sich am besten Maßnahmen zur Stressbewältigung, wie zum Beispiel regelmäßige Pausen, Entspannungsübungen oder Achtsamkeitstraining. Selbstfürsorge hilft zudem, Stress vorzubeugen. Dazu gehören zum Beispiel auch gesunde Ernährung, Bewegung und Alltags-Aktivitäten, die Ihnen guttun.
Gut vorbereitet für den Notfall
Es ist sinnvoll, für akute Krankheitsphasen einen Notfallplan zu erstellen. Dazu gehören Vertretungsregelungen oder klare Absprachen mit Ihrem Arbeitgeber. Eventuell können Ihnen auch Ihr behandelnder Arzt und ein Therapiemanager helfen.
2. Informationen einholen
So kann Sie Ihr Arbeitgeber unterstützen
- Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) hilft nach längeren Fehlzeiten bei der Wiedereingliederung. BEM steht Ihnen zu, wenn Sie mindestens 6 Wochen krank waren.
- Betriebsärzte unterstützen Sie dabei, Ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten. Dazu gehört zum Beispiel die Gestaltung Ihres Arbeitsplatzes entsprechend Ihren Bedürfnissen, u. a. mit ergonomischen Anpassungen.
- Flexible Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit und Homeoffice verschaffen Ihnen mehr Freiheit im Alltag – so können Sie besser Arzttermine oder Therapien in Ihren Alltag integrieren. Wer vom Homeoffice aus arbeitet, kann zudem belastende Arbeitswege vermeiden. Individuelle Pausenregelungen können schließlich helfen, Energie zu bewahren und so im Berufsalltag produktiver zu sein.
- Betriebliche Gesundheitsförderung mit Angeboten wie Stressmanagement, Resilienztraining und Sport stärkt langfristig Ihre Gesundheit.
- Betriebs- und Personalräte helfen zudem bei Fragen zu Arbeitsplatzanpassungen und rechtlichen Aspekten.
Gut zu wissen
Nach dem Sozialgesetzbuch IX (§ 81)1 müssen Arbeitgeber die besonderen Bedürfnisse schwerbehinderter Arbeitnehmer berücksichtigen. Mehr Informationen zum Thema Behinderung finden Sie weiter unten im Text.
Wie Verbände, Behörden und Versicherungen helfen
In vielen Lebenslagen stehen Ihnen verschiedene Institutionen und Organisationen zur Seite, um Sie auf verschiedene Art und Weise zu unterstützen. Hier finden Sie eine Übersicht der wichtigsten Anlaufstellen und deren Leistungen.
Gesetzliche Krankenversicherung
fördert medizinische Rehabilitation
Deutsche Rentenversicherung
vermittelt passende Arbeitsstellen und unterstützt bei der Ausstattung Ihres Arbeitsplatzes
Bundesagentur für Arbeit
vermittelt passende Arbeitsstellen und unterstützt bei der Ausstattung Ihres Arbeitsplatzes
Sozialverbände (u.a. VdK, SoVD)
beraten zu sozialrechtlichen Fragen
Integrationsämter / Integrationsfachdienste
helfen bei Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, finanzieren Anpassung des Arbeitsplatzes
Gewerkschaften
unterstützen Mitglieder bei arbeitsrechtlichen Konflikten
Tipp
Das Projekt Rehadat umfasst Angebote zu beruflicher Teilhabe. Dazu gehören verschiedene Portale, Publikationen, Apps und Seminare.
Schwerbehindertenrecht: Vorteile und Optionen
Ein Schwerbehindertenausweis bietet Vorteile wie Kündigungsschutz, zusätzlichen Urlaub und steuerliche Erleichterungen. Zudem können Betroffene Nachteilsausgleiche wie Arbeitsassistenz oder technische Hilfsmittel zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragen. Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) ab 30 können eine Gleichstellung beantragen, um ähnliche Vorteile wie Schwerbehinderte zu erhalten.
Sie möchten den Ausweis beantragen? Hier erfahren Sie Schritt für Schritt, wie Sie vorgehen können.
Quellen
- Bundesministerium der Justiz. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch, § 81. Online verfügbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_9_2018/__81.html#:~:text=%C2%A7%2081%20Leistungen%20zum%20Erwerb,in%20der%20Gemeinschaft%20zu%20erm%C3%B6glichen zuletzt abgerufen: 19.12.2024